Lohnsteuerrichtlinien H 19.0 Hinweis
§ Lohnsteuerrichtlinien - H 19.0
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Arbeitnehmer
Allgemeines
Wer Arbeitnehmer ist, ist unter Beachtung der Vorschriften des § 1 LStDV nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung ist unmaßgeblich (>BFH vom 02.12.1998 - BStBl II 1999 S. 534). Wegen der Abgrenzung der für einen Arbeitnehmer typischen fremdbestimmten Tätigkeit von selbständiger Tätigkeit >BFH vom 14.06.1985 (BStBl II S. 661) und vom 18.01.1991 (BStBl II S. 409). Danach können für eine Arbeitnehmereigenschaft insbesondere folgende Merkmale sprechen:
- persönliche Abhängigkeit,
- Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
- feste Arbeitszeiten,
- Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
- feste Bezüge,
- Urlaubsanspruch,
- Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
- Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
- Überstundenvergütung,
- zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
- Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
- kein Unternehmerrisiko,
- keine Unternehmerinitiative,
- kein Kapitaleinsatz,
- keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
- Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
- Eingliederung in den Betrieb,
- Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges,
- Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist.
Diese Merkmale ergeben sich regelmäßig aus dem der Beschäftigung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt sind und tatsächlich durchgeführt werden (>BFH vom 14.12.1978 - BStBl II 1979 S. 188, vom 20.02.1979 - BStBl II S. 414 und vom 24.07.1992 - BStBl II 1993 S. 155). Dabei sind die für oder gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale ihrer Bedeutung entsprechend gegeneinander abzuwägen. Die arbeitsrechtliche Fiktion eines Dienstverhältnisses ist steuerrechtlich nicht maßgebend (>BFH vom 08.05.2008 - BStBl II S. 868).
Arbeitnehmereigenschaft
- Beispiele für Arbeitnehmereigenschaft
Amateursportler können Arbeitnehmer sein, wenn die für den Trainings- und Spieleinsatz gezahlten Vergütungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Arbeitslohn zu beurteilen sind (>BFH vom 23.10.1992 - BStBl II 1993 S. 303),
Apothekervertreter; ein selbständiger Apotheker, der als Urlaubsvertreter eines anderen selbständigen Apothekers gegen Entgelt tätig wird, ist Arbeitnehmer (>BFH vom 20.02.1979 - BStBl II S. 414),
Artist ist Arbeitnehmer, wenn er seine Arbeitskraft einem Unternehmer für eine Zeitdauer, die eine Reihe von Veranstaltungen umfasst - also nicht lediglich für einige Stunden eines Abends - ausschl. zur Verfügung stellt (>BFH vom 16.03.1951 - BStBl III S. 97),
AStA-Mitglieder >BFH vom 22.07.2008 (BStBl II S. 981),
Buchhalter >BFH vom 06.07.1955 (BStBl III S. 256) und vom 13.02.1980 (BStBl II S. 303),
Büfettier >BFH vom 31.01.1963 (BStBl III S. 230),
Chefarzt; ein angestellter Chefarzt, der berechtigt ist, Privatpatienten mit eigenem Liquidationsrecht ambulant zu behandeln und die wahlärztlichen Leistungen im Rahmen seines Dienstverhältnisses erbringt (>BFH vom 05.10.2005 - BStBl II 2006 S. 94),
Gelegenheitsarbeiter, die zu bestimmten, unter Aufsicht durchzuführenden Verlade- und Umladearbeiten herangezogen werden, sind auch dann Arbeitnehmer, wenn sie die Tätigkeit nur für wenige Stunden ausüben (>BFH vom 18.01.1974 - BStBl II S. 301),
Heimarbeiter >R 15.1 Abs. 2 EStR,
Helfer von Wohlfahrtsverbänden; ehrenamtliche Helfer, die Kinder und Jugendliche auf Ferienreisen betreuen, sind Arbeitnehmer (>BFH vom 28.02.1975 - BStBl II 1976 S. 134),
Musiker; nebenberuflich tätige Musiker, die in Gaststätten auftreten, sind nach der allgemeinen Lebenserfahrung Arbeitnehmer des Gastwirts; dies gilt nicht, wenn die Kapelle gegenüber Dritten als selbständige Gesellschaft oder der Kapellenleiter als Arbeitgeber der Musiker auftritt bzw. der Musiker oder die Kapelle nur gelegentlich spielt (>BFH vom 10.09.1976 - BStBl II 1977 S. 178),
Oberarzt; ein in einer Universitätsklinik angestellter Oberarzt ist hinsichtlich der Mitarbeit in der Privatpraxis des Chefarztes dessen Arbeitnehmer (>BFH vom 11.11.1971 - BStBl II 1972 S. 213),
Reisevertreter kann auch dann Arbeitnehmer sein, wenn er erfolgsabhängig entlohnt wird und ihm eine gewisse Bewegungsfreiheit eingeräumt ist, die nicht Ausfluss seiner eigenen Machtvollkommenheit ist (>BFH vom 07.12.1961 - BStBl III 1962 S. 149),
>H 15.1 (Reisevertreter) EStH,
Sanitätshelfer des Deutschen Roten Kreuzes sind Arbeitnehmer, wenn die gezahlten Entschädigungen nicht mehr als pauschale Erstattung der Selbstkosten beurteilt werden können, weil sie die durch die ehrenamtliche Tätigkeit veranlassten Aufwendungen der einzelnen Sanitätshelfer regelmäßig nicht nur unwesentlich übersteigen (>BFH vom 04.08.1994 - BStBl II S. 944),
Servicekräfte in einem Warenhaus >BFH vom 20.11.2008 (BStBl II 2009 S. 374),
Stromableser können auch dann Arbeitnehmer sein, wenn die Vertragsparteien "freie Mitarbeit" vereinbart haben und das Ablesen in Ausnahmefällen auch durch einen zuverlässigen Vertreter erfolgen darf (>BFH vom 24.07.1992 - BStBl II 1993 S. 155),
Telefoninterviewer >BFH vom 29.05.2008 (BStBl II S. 933) und BFH vom 18.06.2015 (BStBl II S. 903),
Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft >BFH vom 11.03.1960 (BStBl III S. 214),
Vorstandsmitglied einer Familienstiftung >BFH vom 31.01.1975 (BStBl II S. 358),
Vorstandsmitglied einer Genossenschaft >BFH vom 02.10.1968 (BStBl II 1969 S. 185). - Beispiele für fehlende Arbeitnehmereigenschaft
Arztvertreter >BFH vom 10.04.1953 (BStBl III S. 142),
Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins ist kein Arbeitnehmer, wenn er die Tätigkeit als freier Mitarbeiter ausübt (>BFH vom 10.12.1987 - BStBl II 1988 S. 273),
Bezirksstellenleiter bei Lotto- und Totogesellschaften >BFH vom 14.09.1967 (BStBl II 1968 S. 193),
Diakonissen sind keine Arbeitnehmerinnen des Mutterhauses (>BFH vom 30.07.1965 - BStBl III S. 525),
Fahrlehrer, die gegen eine tätigkeitsbezogene Vergütung unterrichten, sind i. d. R. keine Arbeitnehmer, auch wenn ihnen keine Fahrschulerlaubnis erteilt worden ist >BFH vom 17.10.1996 (BStBl II 1997 S. 188),
Fotomodell; ein Berufsfotomodell ist kein Arbeitnehmer, wenn es nur von Fall zu Fall vorübergehend zu Aufnahmen herangezogen wird (>BFH vom 08.06.1967 - BStBl III S. 618); Entsprechendes gilt für ausländische Fotomodelle, die zur Produktion von Werbefilmen kurzfristig im Inland tätig werden (>BFH vom 14.06.2007 - BStBl II 2009 S. 931),
Gerichtsreferendar, der neben der Tätigkeit bei Gericht für einen Rechtsanwalt von Fall zu Fall tätig ist, steht zu dem Anwalt i. d. R. nicht in einem Arbeitsverhältnis (>BFH vom 22.03.1968 - BStBl II S. 455),
Gutachter >BFH vom 22.06.1971 (BStBl II S. 749),
Hausgewerbetreibender >R 15.1 Abs. 2 EStR,
Hausverwalter, die für eine Wohnungseigentümergemeinschaft tätig sind, sind keine Arbeitnehmer (>BFH vom 13.05.1966 - BStBl III S. 489),
Knappschaftsarzt >BFH vom 03.07.1959 (BStBl III S. 344),
Anhang 10 IKünstler; zur Frage der Selbständigkeit von Künstlern und verwandten Berufen >BMF vom 05.10.1990 (BStBl I S. 638),
Lehrbeauftragte >BFH vom 17.07.1958 (BStBl III S. 360),
Lotsen >BFH vom 21.05.1987 (BStBl II S. 625),
Nebenberufliche Lehrkräfte sind i. d. R. keine Arbeitnehmer (>BFH vom 04.10.1984 - BStBl II 1985 S. 51); zur Abgrenzung zwischen nichtselbständiger und selbständiger Arbeit >R 19.2 und H 19.2 (Nebenberufliche Lehrtätigkeit),
Notariatsverweser >BFH vom 12.09.1968 (BStBl II S. 811),
Rundfunkermittler, die im Auftrage einer Rundfunkanstalt Schwarzhörer aufspüren, sind keine Arbeitnehmer, wenn die Höhe ihrer Einnahmen weitgehend von ihrem eigenen Arbeitseinsatz abhängt und sie auch im Übrigen - insbesondere bei Ausfallzeiten - ein Unternehmerrisiko in Gestalt des Entgeltrisikos tragen; Dies gilt unabhängig davon, dass sie nur für einen einzigen Vertragspartner tätig sind (>BFH vom 02.12.1998 - BStBl II 1999 S. 534),
Schwarzarbeiter; ein Bauhandwerker ist bei nebenberuflicher "Schwarzarbeit" i. d. R. kein Arbeitnehmer des Bauherrn (>BFH vom 21.03.1975 - BStBl II S. 513),
Tutoren >BFH vom 21.07.1972 (BStBl II S. 738) und vom 28.02.1978 (BStBl II S. 387),
Versicherungsvertreter ist selbständig tätig und kein Arbeitnehmer, wenn er ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko trägt; die Art seiner Tätigkeit, ob werbende oder verwaltende, ist i. d. R. nicht von entscheidender Bedeutung (>BFH vom 19.02.1959 - BStBl III S. 425, vom 10.09.1959 - BStBl III S. 437, vom 03.10.1961 - BStBl III S. 567 und vom 13.04.1967 - BStBl III S. 398),
>R 15.1 Abs. 1 EStR, H 15.1 (Generalagent, Versicherungsvertreter) EStH,
Vertrauensleute einer Buchgemeinschaft; nebenberufliche Vertrauensleute einer Buchgemeinschaft sind keine Arbeitnehmer des Buchclubs (>BFH vom 11.03.1960 - BStBl III S. 215),
Werbedamen, die von ihren Auftraggebern von Fall zu Fall für jeweils kurzfristige Werbeaktionen beschäftigt werden, können selbständig sein (>BFH vom 14.06.1985 - BStBl II S. 661).
Ehegatten-Arbeitsverhältnis
>R 4.8 EStR und H 4.8 EStH
Einkunftserzielungsabsicht
Zur Abgrenzung der Einkunftserzielungsabsicht von einer einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Liebhaberei >BFH vom 28.08.2008 (BStBl II 2009 S. 243)
Eltern-Kind-Arbeitsverhältnis
Zur steuerlichen Anerkennung von Dienstverhältnissen zwischen Eltern und Kindern >BFH vom 09.12.1993 (BStBl II 1994 S. 298), >R 4.8 Abs. 3 EStR.
Gesellschafter-Geschäftsführer
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist nicht allein aufgrund seiner Organstellung Arbeitnehmer. Es ist anhand der allgemeinen Merkmale (>Allgemeines) zu entscheiden, ob die Geschäftsführungsleistung selbständig oder nichtselbständig erbracht wird (>BMF vom 31.05.2007 - BStBl I S. 503 unter Berücksichtigung der Änderungen durch BMF vom 02.05.2011 - BStBl I S. 490).
Mitunternehmer
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 ist, >H 15.8 Abs. 1 (Verdeckte Mitunternehmerschaft) EStH.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft
- >H 4.8 EStH
- Ein hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis mit der nichtehelichen Lebensgefährtin kann nicht anerkannt werden, wenn diese zugleich Mutter des gemeinsamen Kindes ist (>BFH vom 19.05.1999 - BStBl II S. 764).
Selbständige Arbeit
Zur Abgrenzung einer Tätigkeit als Arbeitnehmer von einer selbständigen Tätigkeit >R 15.1 und 18.1 EStR.
Weisungsgebundenheit
Die in § 1 Abs. 2 LStDV genannte Weisungsgebundenheit kann auf einem besonderen öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis beruhen, wie z. B. bei Beamten und Richtern, oder Ausfluss des Direktionsrechts sein, mit dem ein Arbeitgeber die Art und Weise, Ort, Zeit und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung bestimmt. Die Weisungsbefugnis kann eng, aber auch locker sein, wie z. B. bei einem angestellten Chefarzt, der fachlich weitgehend eigenverantwortlich handelt; entscheidend ist, ob die beschäftigte Person einer etwaigen Weisung bei der Art und Weise der Ausführung der geschuldeten Arbeitsleistung zu folgen verpflichtet ist oder ob ein solches Weisungsrecht nicht besteht. Maßgebend ist das Innenverhältnis; die Weisungsgebundenheit muss im Auftreten der beschäftigten Person nach außen nicht erkennbar werden (>BFH vom 15.07.1987 - BStBl II S. 746). Die Eingliederung in einen Betrieb kann auch bei einer kurzfristigen Beschäftigung gegeben sein, wie z. B. bei einem Apothekervertreter als Urlaubsvertretung. Sie ist aber eher bei einfachen als bei gehobenen Arbeiten anzunehmen, z. B. bei einem Gelegenheitsarbeiter, der zu bestimmten unter Aufsicht durchzuführenden Arbeiten herangezogen wird. Die vorstehenden Kriterien gelten auch für die Entscheidung, ob ein so genannter Schwarzarbeiter Arbeitnehmer des Auftraggebers ist.
Stand: 2023
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